Eine klassische 64.000-Euro-Frage: Wie zum Henker spricht man „Brøderbund“ eigentlich korrekt aus? Nicht dass das sonderlich wichtig gewesen wäre – denn auch ohne dieses Wissen konnte man einen der ebenso bedeutendsten wie kontroversesten Titel der Firma genießen: „WINGS OF FURY“
Vielen herzlichen Dank an die Entwickler der Amiga-Version, Programmierer Colin Fox und Grafiker John Boechler, für die geduldige Beantwortung all meiner Fragen!
Zum Mitfiebern: Der offizielle Indizierungsbescheid von „Wings of Fury“ der damaligen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung.
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Textauszug:
Gerade in den 80er Jahren war EIN Name einer der wichtigsten in der gesamten Spielebranche – und es war DER Name, von dem keiner so richtig wusste, wie man ihn eigentlich ausspricht: “Bröderbund”? “Broderbund”? “Brönkjemönkje”? Klingt alles gleich bescheuert. Obwohl die korrekte Aussprache “Bruderband” auch nicht so wirklich viel besser ist. Jedenfalls hatte die Bruderbande einige der heißesten Titel der 8Bit-Ära im Portfolio, darunter so legendäre Titel wie “Choplifter”, “Karateka”, “Prince of Persia” oder “Lode Runner” – sowie das Spiel, das sich schreiend durch den 72. Level von “Game Not Over” ballert: “Wings of Fury”
Das Ende 1987 auf dem Apple 2 erstveröffentlichte “Wings of Fury” hat eine interessante Entwicklungsgeschichte – oder vielmehr einen interessanten Entwickler. Denn der damals gerade mal 22-jährige Steve Waldo hat sich weder davor noch danach im Spielebereich auf irgendeine spürbare Weise hervorgetan, und war im Laufe seiner sehr kurzen Entwicklerkarriere auch nur auf dem Apple 2 aktiv. Mit Computern sowie den darauf “Bip” und “Plöp” machenden Spielen hatte er bereits in seinen Schulzeiten ab den frühen 80ern zu tun. Laut seiner Aussage nutzten er und seine Freunde das Computercenter seiner Schule derart exzessiv, dass sich die Verwaltung gezwungen sah, alle dort befindlichen Spiele zu löschen – woraufhin Steve ganz pragmatisch entschied, eben selbst Spiele zu schreiben, was zum Beispiel zum 1983er “Pac-Man”-Klon “Mutant” oder der im Jahr darauf erfolgten Portierung des simplen Geschicklichkeitsspiels “Whomper Stomper” führte. Später zog er nach Baraboo im amerikanischen Bundesstaat Wisconsin, wo er an der “University of Wisconsin at LaCrosse” eigentlich an seinem Abschluss in Computerwissenschaften schraubte – aber hauptsächlich mit der Entwicklung von “Wings of Fury” beschäftigt war. Einem Spiel, das er vor allem aus zwei Gründen erschaffen wollte: Erstens, weil ihn die fließende Animation eines Flugzeuges reizte. Und zweitens, weil er sich selbst als “a serious student of World War II aircraft” bezeichnete, und daher großes Interesse daran hatte, ein Spiel um ebendiese herum zu stricken…
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Hallo Paul, wieder mal eine klasse Folge.
An dieses Spiel habe ich sehr gute Erinnerungen. Neben den absolut genialen Soundeffekten (besonders die Schreie), war die Flugphysik doch sehr erstaunlich nachvollziehbar. Nicht, dass ich wüsste, wie sich ein Flieger fliegt, aber so stelle ich es mir zumindest vor. 😀
Auch wir hatten damals riesige Probleme mit der Landung. Und auch die langen Strecken waren unnötiges in die Länge ziehen. Aber mit Cheats und einfach nur ein paar Runden „draufhalten“ war das Spiel ein gern gesehener Gast in meinem Laufwerk.
Dass man auch abspeichern konnte, tja, diese Information kommt leider 30 Jahre zu spät.
Wie auch immer, dieses Spiel wird immer noch alle Jubeljahre mal herausgekramt und zaubert immer wieder einen Schmunzler auf mein Gesicht.
Viele Grüße
Moin Sascha,
Vielen lieben Dank! Mit dem gelegentlichen Zwischendurch-Speichern lässt sich „Wings of Fury“ doch etwas entspannter spielen.
Aber ach, wem machen wir etwas vor? Jeder einzelne Spieler hat doch eh direkt zum Start „COLIN WAS HERE“ eingegeben und zum Halali geblasen! 😀
Fröhliche Grüße!
Paul
Habe in den letzten Monaten einen Apple IIe (Du hast versehentlich von Apple IIs gesprochen) restauriert und daher Wings of Fury zum ersten Mal im Leben gespielt. Ein faszinierendes Spiel, grafisch für den Apple II sensationell! 6 bzw. 16 Farben sind schon deutlich besser als das von Dir immer mal wieder erwähnte IBM-4-Kotzfarben-CGA.
Wenn man einen richtigen Flugjoystick anschließt, fühlt sich die analoge Steuerung ganz schön echt an (Das gilt übrigens auch für Choplifter). Und die Motorgeräusche aus dem Cassettenrecorderausgang sind WIRKLICH eine Verbesserung und ein toller Gag. Gibt es eigentlich sonst noch Apple II-Spiele, die diesen Trick nutzen?
Ich stelle mir vor, dass die Amiga-Version und die meisten anderen aufgrund der fehlenden Analogsteuerung sogar weniger spektakulär sind. Die GBC-Version und den GBA-Nachfolger werde ich bestimmt mal testen.
Danke für die mal wieder ultra-vollständige Zusammenfassung.
Gruß…..
Moin Bernhard,
Ahhh, super – vielen Dank für die Bestätigung des Tapedecktricks! Wie erwähnt hatte ich das mehrfach gelesen, aber auch nur im Kontext dieses Spiels, weswegen mir das nicht sehr glaubwürdig schien.
Beste Grüße!
Paul
Hi Paul,
da hast du echt ein meist übersehenes Sahnestück herausgeholt. Für mich hat es quasi den Amiga definiert, neben Turrican 2 oder Defender of the Crown. Das Intro kann man nicht genug betonen, dieser Fließtext mit dem Sound, das war sehr simpel und wirksam.
Die Schreie, die flüssigen Explosionen, das flüssige Flugzeug, die variablen Motorengeräusche, die physikalisch fliegenden Bomben. Das fühlte sich schon nach Next-Gen an, wenn man vom C64 kam.
Leider lieber Paul funktioniert der sehr sehr seeeeeeehr kurze Loop der Titelmelodie nicht so gut als Podcast background….zum Teil etwas anstrengend. Schön das du Glory Days erwähnst, ein Meisterwerk. Ich hatte schon versucht den Dennis zu mailen und das ihm mitzuteilen, aber der Mann existiert nirgends…leider.
Tolles Spiel und interessante Geschichte. Das moderne Spiel „Rogue Aces“ kommt dem relativ nahe.
Moin Daniel,
Jaa, das mit dem Loop ist so eine Sache – ich wollte den unbedingt drin haben, weil der halt schon sehr markant ist. Aber gleichzeitig natürlich auch sehr kurz und nicht direkt abwechslungsreich. Die beste Lösung schien mir zu sein, die Lautstärke auf ein absolutes Minimum herunterzukurbeln – ich hoffe, es hat nicht zu sehr genervt.
Was Olivier Denis angeht: Ist schon ewig her, dass ich mit ihm Kontakt hatte (eben zu „Glory Days 1&2“), aber grundsätzlich existiert er schon noch: https://www.linkedin.com/in/iamolivierdenis/
Beste Grüße!
Paul
Also ich musste soeben mitten im podcast abbrechen, weil mich der Loop in den Wahnsinn treibt. Bitte bring das Ding nochmal ohne Loop raus. Ich kann da nicht mehr weghören.
Echt schade weil mich die Folge echt interessiert.
Moin Ando,
Ich habe die Laufstärke der Loops jetzt mal um jeweils 10db runtergekurbelt, da ich nicht komplett auf sie verzichten möchte – schau mal bitte, ob das deinen Ohren schmeichelt.
Beste Grüße,
Paul
Danke mal wieder fürs amüsante Schließen einer Wissenslücke. Ich kannte zwar den Namen und einige davon inspirierte Spiele, wusste aber nicht, dass sie darauf zurückgehen.
Umso mehr hat mich auch die Nennung von Glory Days 2 gefreut, mit dem ich richtig viel Spaß hatte, von dem man aber leider nie viel (positives) gehört hat. Wenn ich es mir recht überlege dürfte der 4Players Test eines gewissen Herrn Kautz mit ein Grund gewesen sein, mir den Kauf zu überlegen!
Die Entstehungsgeschichte dahinter (also dem Spiel, weniger dem Test) würde mich ja auch sehr interessieren!
Moin Syrion,
Vielen fröhlichen Dank! Was „Glory Days 2“ angeht: Ha, mein Einfluss ist gottgleich! 😀
Was die Entstehungsgeschichte angeht: Ich kann natürlich nur den Teil beitragen, der mich direkt betraf. Ich hatte ja schon den ersten Teil für 4Players getestet, was Olivier auch mitbekommen hatte, und mich daraufhin anschrieb und um direktes Feedback für einen möglichen Nachfolger bat. Das hat er von mir erhalten, danach blieben wir noch eine ganze Weile im lockeren Kontakt, ich habe für Teil 2 dann auch noch ein Interview mit ihm geführt (https://www.4players.de/4players.php/dispbericht/NDS/Special/8601/4986/complete/Glory_Days_2_Brotherhood_of_Men.html) und den Test gemacht – und das war’s dann aber auch schon wieder von meiner Seite aus.
Beste Grüße,
Paul
Danke für die Erläuterung! Immer wieder spannend, wie klein die Welt der Spieleentwicklung da doch sein kann, wenn man so direkt in die Entwicklung eines Projektes involviert sein kann.
Dazu, dass du Glory Days überhaupt erwähnt hast, muss ich nochmal loben, wie umfassend du die Spiele beleuchtest und neben allerlei Nachfolgern eben auch auf Nachfolger im Geiste eingehst, wodurch man wirklich einen guten Überblick über das Spiel und seine Bedeutung bekommt. Das schafft nicht mal immer der andere große gut recherchierte Spielepodcast, den ich gerne höre. Schade, dass derartige Recherchetiefe und so wenig Drumrumgeschwafel bei Spielepodcasts generell so selten ist – schön, dass du es so machst!
Selbst im englischsprachigen Spielepodcast-Universum ist zumindest mir bisher noch kein einziger Podcast dieser Art untergekommen. Meistens muss ich andere Podcasts leider nach 15 Minuten abbrechen, wenn noch nicht mal das Thema erwähnt wurde, und noch 2 Stunden Laufzeit anstehen. Nicht mal den Retrospiele-Musik-Podcast, den ich in freudiger Erwartung von so etwas wie deiner Jukebox angefangen habe, war lange erträglich.
Nun ja, lange Rede, kurzer Sinn: Weiter so, danke für schon zahlreiche versüßte Autofahrten und ich hoffe auch deine Freude daran bleibt bestehen und GameNotOver wird für dich niemals zur reinen Arbeit.
Moin Syrion,
Whoa – vielen herzlichen Dank! Das tut wirklich sehr gut, und bestärkt mich in meiner Absicht, genau so weiterzumachen! \o/
Und klar, natürlich ist Game Not Over ein Haufen Arbeit – aber eben ein Haufen, den ich mir selbst ausgesucht habe, und den ich wahnsinnig gerne mache. Wie war das noch mit Konfuzius und seinem Zitat zum Thema Arbeit und Liebe? 🙂
Beste Grüße!
Paul
Wie schön. „Wings of Fury“ war eines meiner ersten Spiele auf dem Amiga 500 1992.
Danke für die Geschichte dazu.
Mein Topfliegerspiel war seinerzeit „Wings“ von Cinemaware.
Moin Dennis!
Aber gerne doch. Mmmmm, „Wings“ – daran habe ich auch noch schöne Erinnerungen. Das wäre bei passender Gelegenheit auch mal eine nähere Betrachtung wert.
Beste Grüße!
Paul
Hey Paul,
danke für die turboschnelle Lautstärkenregulierung!
Werd mir die Folge nochmal runterladen und testen.
Hätte vielleicht auch gereicht, wenn der Loop nur ein paar Minuten laufen würde?
However, dank dir und mach weiter so!
Grüßchen, Ando
Hi Paul. Tolle Folge. Du hast ja auch den Soundtrack der japanischen Version eingespielt. Weißt du vielleicht warum dort der Mackie Messer Song als Theme genommen wurde?
Moin Jerry,
Nein, das weiß ich leider nicht – aber ich finde es auch nicht ungewöhnlich. Gerade in den auslaufenden 80ern wurden ja sehr gerne klassische oder wenigstens irgendwie bekannte Kompositionen in mehr oder weniger erkennbarer Form in Spielen recycelt – wie zum Beispiel „Koyaanisqatsi“ in „Delta“ (höre hier: https://gamenotover.de/2020/12/06/jukebox-009-c64-1/), die Ouvertüre aus „Wilhelm Tell“ im ersten „Thunder Force“ (habe ich hier eingespielt: https://gamenotover.de/2018/02/25/level-012-thunder-force-4/) oder ein Rundumschlag über die Popmusik der 80er im Allgemeinen in „Katakis“ (https://gamenotover.de/2021/01/31/level-067-katakis/). Von daher bin ich nicht im Geringsten verwundert, dass der feine Herr Messer seinen Weg in einen obskuren Spieleport gefunden hat. 🙂
Beste Grüße,
Paul
Hi Paul. Danke für deine Antwort. Das könnte das Phänomen tatsächlich erklären 🙂