Level 118: Tube

Wenn man an Bullfrog Productions zurückdenkt, einen der ganz, ganz großen Spieleentwickler der 80er bis Mitt-90er, dann fallen einem schnell Namen wie „Populous“, „Syndicate“, „Magic Carpet“ oder „Dungeon Keeper“ ein, während man verträumt vor sich her lächelt. An „TUBE“ werden in diesem Zusammenhang (oder in jedem anderen) vermutlich deutlich weniger Leute denken. Das wäre aber ein Fehler – denn das 1995 veröffentlichte Spiel nimmt im Portfolio der Briten eine wichtige Ausnahmestellung ein: Es kam nie in den Handel, sondern wurde ausschließlich auf Cover-CDs von Spielemagazinen verbreitet! Was natürlich meine Neugier geweckt hat.

Vielen herzlichen Dank an Glenn Corpes (Chefprogrammierer), Peter Molyneux (Gründer von Bullfrog) und Cathy Campos (PR- und Marketing-Leiterin von Bullfrog), die mir geduldig jede Menge Fragen zu diesem doch sehr obskuren Titel beantwortet haben.

Bonus:

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Textauszug:

Eine der Sachen, die ich bei “Game Not Over” des Öfteren zu hören bekomme, mal als Kompliment, mal als Vorwurf, ist, dass ich meist echt obskuren Kram bespreche, den kein Mensch kennt. Stimmt ja irgendwie, und das auch mit voller Absicht. Aber in der aktuell achtjährigen Geschichte dieses Podcasts ist es bislang wohl noch nie obskurer geworden als mit dem Spiel, das im Mittelpunkt dieses Levels steht. Denn zum einen handelt es sich dabei um ein Spiel, das niemals im Laden erschienen ist. Und zum anderen um kein klassisches Spiel an sich, sondern eher um eine Technikdemo. Aber nicht um irgendeine Technikdemo – sondern um eine von Bullfrog, einem der nachweislich besten Spielestudios der späten 80er bis mittleren 90er. Da sollte hoffentlich die eine oder andere interessierte Augenbraue nach oben zucken. Die Rede ist natürlich von dem Spiel, bei dem man buchstäblich in die Röhre schaut. Oder vielmehr rast. Denn es heißt schlicht… “Tube”.

Ich gehe mal ganz stark davon aus, dass selbst die meisten von euch, die anzunehmenderweise normalerweise ebenfalls obskuritätsgestählt durchs Leben schreiten, jetzt etwas wie “Tube? Tube was?” von sich geben. Ist nachvollziehbar, da echt nicht gerade der griffigste und aufregendste Spielename aller Zeiten. Und es ist auch nicht so, dass man bei dem Titel sofort eine Spieleschachtel vor Augen hätte, da, wie schon gesagt, das Ding nie im Handel stand. Stattdessen lag es Spielemagazinen der Mitt-90er bei – soweit ich weiß, drei Spielemagazinen, um ganz genau zu sein: “PC Games” und “PC Gamer” in England, und “PC Player” bei uns. Ich komme in Kürze noch genauer darauf zu sprechen, welche Bedeutung das damals hatte. Ich wollte das nur schon mal vorab erwähnen, weil das in Form der “PC Player”-Version die Art und Weise war, über die ich in den Erstkontakt mit “Tube” kam.

Bevor ich den Fokus auf das Spiel an sich drehe, muss ich erst mal ein bisschen weiter ausholen und auf die Magazinlandschaft in Deutschland Mitte der Neunzigerjahre zu sprechen kommen. Natürlich gehe ich mal ganz, ganz stark davon aus, dass ich euch, wenn ihr einen deutschsprachigen Retrospielepodcast hört, wohl eher nicht so wahnsinnig viel von den damaligen Spielemagazinen erzählen muss. Aber ein paar Worte muss ich dann doch darüber verlieren, ich kann doch auch nix dafür!

Naja, also was ich sagen wollte: Ich habe damals sehr, sehr viel gelesen, Computer- und Videospielmagazine gleichberechtigt. Und ehrlicherweise auch irgendwie so ein bisschen nach dem Gießkannenprinzip. Wenn ich mir meine Magazinsammlung auf dem Dachboden so ansehe, dann lachen mir Titel entgegen wie “Total!”, “N!”, “Play Time” oder “Gamers”, die den meisten Leuten heutzutage wohl kaum noch etwas sagen dürften. Oder am ehesten dafür sorgen, dass sie sich langsam rückwärts wieder von mir wegbewegen. Egal. Habe ich damals alles verschlungen. Keine Ahnung, wo ich das Geld dafür herhatte. Habe bestimmt meinen Körper verkauft oder sowas.
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Level 039: Syndicate

War „SYNDICATE“ wirklich “Vielleicht das intelligenteste und beste Spiel aller Zeiten”, wie die Power Play in der Ausgabe 7/93 fragte? Oder “More fun than sex!”, wie es die PC Zone 8/93 dick und fett aufs Cover schrieb? Finden wir’s raus!

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Textauszug:

“Vielleicht das intelligenteste und beste Spiel aller Zeiten” – so lautet das Testfazit in der Power Play 7/93. Huiuiui, sage ich mal – gleich mal derart die Allgemeingültigkeitskeule rauszuholen, ist schon verdammt ungewöhnlich! Aber gut, das war noch ziemlich harmlos gegen das, was die britische “PC Zone” dick und fett auf das Cover ihrer August-Ausgabe des Jahres 1993 schrieb. Nämlich “More fun than sex!” Welches Spiel hat denn bitteschön derartige Beschreibungen verdient?

Trenchcoats, Cyborgs, düstere Großstädte, blinkibunti-Dauerleuchtreklame an Wolkenkratzerwänden, alles verregnet und verrotzt – Ridley Scotts visionäres 1982er “Blade Runner” war in vielerlei Hinsicht stilgebend. Klar, dass der hier geprägte dystopische Cyberpunk sehr schnell auch seinen Weg in die Welt der Computerspiele finden würde – Spiele wie “Shadowrun”, “Deus Ex”, das hier in Level 34 bereits ausführlich besprochene “Beneath a Steel Sky”, “System Shock” oder “Omikron: The Nomad Soul” waren überdeutlich davon inspiriert. Sowie natürlich “Syndicate” aus dem Hause Bullfrog.

Hach, Bullfrog – dieser Name war Ende der 80er bis Mitte der 90er Jahre im Prinzip gleichbedeutend mit “Kaufen! SOFORT!” Denn bei diesem kleinen Studio aus dem südwestlich von London herumlungernden Guildford handelte es sich um nicht weniger als einen der gefeiertsten Spieleentwickler ebendieser Ära! Wem Titel wie “Populous”, “Theme Park”, “Dungeon Keeper” oder “Magic Carpet” nichts sagen, hat die Bezeichnung “Computerspieler” eigentlich nicht verdient! Und für “Syndicate” gilt das doppelt und siebzehnfach, denn, soviel sei jetzt schon verraten, für mich ist DAS der bedeutendste und interessanteste Bullfrog-Titel überhaupt.

Seinen Anfang nahm das Ganze beim firmenweiten Pizzafressen und Biervernichten in Bullfrogs lokalem Pub. Das war eine wichtige Firmentradition, intern “liquid lunch” genannt, zu der sich die meisten der Mitarbeiter wöchentlich trafen, um ein paar Stunden später nicht nur satt und glücklich nach Hause zu wanken, sondern auch, um währenddessen mit bekloppten Ideen zu jonglieren. In einem besonders dystopischen Moment, der mich aufgrund der Qualität des durchschnittlichen britischen Bieres nicht im Geringsten verwundert, kam man irgendwie auf Mega-Corporations, die ihre Cyborg-Einheiten aufeinander werfen, um die Weltherrschaft an sich zu reißen…

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